Diese Musik bewegt

Die Böblinger Kantorei hat Händels „Messias“ aufgeführt


Von Jan Renz
Mit freundlicher Unterstützung der KREISZEITUNG Böblinger Bote

BÖBLINGEN. Die Aufführung von Händels „Messias“ durch die Böblinger Kantorei am Sonntag dauerte fast zweieinhalb Stunden, aber es war ein kurzweiliges Vergnügen, so gut wurde in der St.-Maria-Kirche musiziert und so mitreißend gesungen.
Georg Friedrich Händel war allem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Er wirkte am Experiment deutsche Oper in Hamburg mit, studierte in Italien die moderne Musik an ihren Quellen und wurde in England zum Nationalhelden. Als Opernkomponist feierte er große Erfolge, und ein großer Erfolg war sofort auch der „Messias“. Von Beginn an bewegte dieses Oratorium die Menschen, und das ist bis heute so geblieben.
Händel schrieb das Werk in extrem kurzer Zeit, immerhin weit über zwei Stunden Musik. Am 22. August 1741 begann er mit der Arbeit, der lange erste Teil war bereits nach sechs Tagen, das ganze Werk am 14. September fertig. Das „Halleluja“ gehört zu den berühmtesten Stücken der Musikgeschichte. Nach zwei Stunden erklang es als klanggewaltiger Höhepunkt, mit höhensicheren Sopranen. Dafür gab es in St. Maria spontanen Applaus. Die Böblinger Kantorei führte in der gut besuchten Kirche die Bearbeitung des Oratoriums von Mozart auf.
Die Partitur ist reich an Details und Höhepunkten, es gibt ergreifend ausdrucksvolle Chöre und eindringliche Arien. Händel erzielt erlesene Klangeffekte. So bereitet das Orchester farbig und aufgewühlt das Rasen und Toben der Heiden vor, von denen der Bass singt. Die vielgestaltigen Chorpartien sind Perlen. Ihnen widmete sich die Böblinger Kantorei unter Leitung von Eckhart Böhm mit einigem Feuer (vom „läuternd Feuer“ ist einmal die Rede).
Starke Leistung der Gesangssolisten
Die Böblinger Kantorei präsentierte sich in glänzender Verfassung. Ihr Singen klang von Anfang an sehr frisch und leicht: Schon der erste Einsatz „Denn die Herrlichkeit Gottes des Herrn wird offenbar“ wurde klangschön strahlend gesungen. Unter den Frauenstimmen, die in der Höhe sauber intonierten, machte man einige neue Gesichter aus. Der Chor hat sich verjüngt. Der Concentus Böblingen, ein 26-köpfiges Ensemble, musizierte mehr als nur zuverlässig, mal massiv, mal durchsichtig. Drei Posaunen kamen zum Einsatz, und die Bläser dominierten den Beginn der Aufführung. Sehr luftig klang die Hirtenmusik.
Dieses Oratorium vergegenwärtigt das Leben Jesu. Geschildert werden nicht die Taten Jesu, vielmehr wird es gedeutet als „Vollendung der Erlösung durch das Opfer Jesu“. Im zweiten Teil wird das Ende bereits angedeutet: „Er ward verschmähet und verlassen, ein Mann der Schmerzen und beladen mit Leid.“ Dem wird leuchtend und zuversichtlich das „er ist der König der Ehren“ entgegengesetzt.
Vorbildlich agierte das Gesangsquartett. Gleich am Anfang steigt der kultivierte Tenor Johannes Petz ein. Sehr sicher klang auch Ulrich Wand, Bass. Beide sind Mitglieder des Chors der Stuttgarter Staatsoper. Mit einer schönen Höhe operierte die Altistin Sabine Schilling, herausragend der blühende Sopran Jeannette Bühlers, der gestochene Koloraturen gelangen. Bühler singt das Zentrale: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet.“ Zentral auch die Aussage des Basses: „Wir entschlafen nicht alle, doch werden wir alle verwandelt.“ Diese Zeilen und weitere hat auch Johannes Brahms in seinem „Deutschen Requiem“ vertont. Warum werden wir verwandelt? Der Chor singt es: „Durch seine Wunden sind wir geheilet.“
Kunstvoll und endlos wird das abschließende „Amen“ gedehnt. Mit dem letzten Ton setzte sofort der Applaus ein, der Minuten lang dauerte. Viele Besucher erhoben sich, um ihre Anerkennung auszudrücken. Gefeiert wurden die Gesangssolisten. Für Kantor Eckhart Böhm war es ein Triumph.