Besinnliches Adventskonzert in der Stadtkirche
/ 15.Dezember 2002 / Böblinger Kreiszeitung

Böblingen - Im Mittelpunkt des adventlichen Konzerts, das Tilman Jäger mit der Böblinger Kantorei, der Camerata Tübingen und dem Unterstufenchor des AEG unter der Leitung von Susanne Pflumm-Hrusa in der an zwei Abenden ausverkauften Stadtkirche gab, stand das Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Sa‰ns.

Christus natus est - Heute ist Christus geboren, sangen die in den Chorraum einziehenden Jungen und Mädchen des Unterstufenchors des Albert-Einstein-Gymnasiums. In seinem 1942 geschriebenen Chorwerk A ceremony of carols für drei gleiche Stimmen und Harfen schließt sich Benjamin Britten ganz bewusst alten Traditionen an. Überhaupt kommt in diesem, einem alten Weihnachtsliederzyklus aus dem Mittelalter folgenden Chorwerk, Brittens natürliches Verhältnis zur menschlichen Stimme und zur sangbaren Melodieführung zum Tragen. Unter der Leitung ihrer Dirigentin sangen die jugendlichen Sängerinnen und Sänger frisch und beherzt die eingängigen, harfenbegleiteten Lieder über die Geburt des Christkinds.

Unübliches und selten zu Hörendes bot bei diesem Konzert auch die Böblinger Kantorei. Von Francesco Durante, dem bedeutenden Tonschöpfer der Neapolitanischen Schule, erklang sein virtuoses Magnificat für Chor, Soli und Streicher. Tilman Jäger ist es gelungen, den kleinen, aber stimmlich gut zusammengesetzten Chor zum Ganzen zu verschmelzen, füllig im Gesamtklang und wendig im Geflecht der einzelnen Stimmen bei stets gewahrter Homogenität.

Bei diesem Werk durfte der Dirigent auch noch für den erkrankten Bassisten einspringen und bewältigte diese Aufgabe mit beachtlichem Erfolg. Harmonisch fügte sich seine Stimme ins Solistenensemble ein mit dem markanten, durchdringenden Sopran von Ulrike Dehnen, den wärmer und weicher timbrierten Stimmen von Annette Rabus und Viola Bornmann, Sopran sowie Melanie Bürck, Alt und dem mit südlichem Belcanto-Schmelz singenden Tenor Joaquin Asiain, zu denen dann bei dem Weihnachtsoratorium von Saint-Saens noch der ohne Probe eingesprungene Bassist Hans Pommerien trat. Hier wie dort bewältigte die Camerata viva Tübingen die Rolle der instrumentalen Begleiterin und orchestralen Partnerin mit bemerkenswertem Einfühlungsvermögen, wobei der im Programm nicht namentlich genannte Konzertmeister ein Sonderlob verdient hat.

Zeitgenössische Werke zu Beginn und am Ende

Überstrahlt das Magnificat Durantes barocke Heiterkeit, wie sie diesem Lobgesang der Maria angemessen ist, so führt uns Saint- Saens Oratorio de Noel, das der Komponist 1858 als 23-Jähriger geschrieben hat, ganz in die Welt der Romantik ein. Im stimmungs- vollen Vorspiel geht die Orgeleinstimmung in eine sanft schwingende Wiegenmelodie über, von der Camerata viva mit betörendem Schmelz gespielt. Den Evangeliumsbericht nach Lukas übernimmt zunächst der Tenor, dann der Alt, alternierend dann mit weiteren Solisten, bis sich schließlich Sopran und Bass, nur von der Harfe begleitet, zum Gotteslob vereinigen.

Was Händel im Messias in der Arie Warum denn toben und rasen die Heiden vor Zorn dem Bass anvertraut hat, wird beim französischen Komponisten zum zentralen, farbenreich instrumentierten Chor erhoben. Wie entfesselt stürzen sich die Streicher ins Gewoge. Spieler und Solisten boten im besinnlichen Trio, dem Quartett und dem folgenden Quintett, in das dann noch der Chor einfällt, die beste weihnachtliche Besinnung, die dann bestätigend vom Schlusschoral gekrönt wird.

Wie das Adventskonzert mit einem zeitgenössischen Werk begonnen hat, so wurde es auch mit einem zeitgenössischen Komponisten beschlossen, dem Te Deum des finnischen Komponisten Arvo Pärt für drei Chöre, Klavier, Streicher und Tonband. Der Finne gehört zu den jüngeren Komponisten, die sangbare Gesangslinien nicht völlig aus ihren Kompositionen verbannt haben. Trotzdem hatte hier der Chor beachtliche Schwierigkeiten zu bewältigen, was ihm bei Pärts Übertragung des alten liturgischen Messgesangs ins Moderne recht gut gelang. Als Träger der emotionalen Untermalung erwies sich auch hier die Camerata viva als zuverlässiger, ausdruckstransportierender Begleiter. Am Schluss des Konzerts gab es viel wohlverdienten Beifall für alle Ausführenden.